Betrachtet man die derzeit auch in der Öffentlichkeit immer populärer dargestellten Strömungen der Hirnforschung, die – in ihrer vielleicht kontroversesten Weise durch Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt a.M. repräsentiert – annehmen, dass jedes menschlich-mentale Phänomen in Form von Wahrnehmungen und Entscheidungen, Gefühlen und Motivationen, aber letztlich auch das gesamte Bewusstsein durch neuronale Prozesse im Gehirn entstehen und daher nur deren Wirkung und nicht etwa deren Ursache sein können, dann folgt hieraus die generelle Ablehnung menschlicher Willensfreiheit.
Singer argumentiert weiter, dass Entscheidungen nur Folge neuronaler Prozesse sein können, die für ihr Zustandekommen den Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind, die für neuronale Prozesse gelten – also die Naturgesetze, die beschreiben, wie die Strukturbildung zwischen Neuronen, Axone und Synapsen verläuft. Eine Entscheidung hat somit eine mehr oder minder lange ‚neuronale’ Vorgeschichte. Zudem werden die Inhalte einer Entscheidung, die in unserem Bewusstsein aufscheinen, durch neuronale Prozesse vorbereitet, über die ein Individuum bis zu deren Bewusstwerden keine willkürlich gesteuerte Kontrolle ausüben kann. Aus diesem Grund muss davon ausgegangen werden, dass individuelles Wollen durch Prozesse bestimmt wird, die sich einer Willkür entziehen.