Soll ich oder soll ich nicht? Als ich damals vor langer Zeit das Schreiben zur Musterung erhielt, stand ich ziemlich alleine da mit meiner Entscheidung. Anfang der Achtziger Jahre dachte niemand an das, was ein Jahrzehnt später Realität werden sollte: die Wiedervereinigung Deutschlands. Oder was vierzig Jahre später real werden würde: ein Krieg in Europa. Der Krieg war ein kalter und sich ein richtiges Feindbild vorzustellen, fiel nicht nur mir schwer. Trotzdem war da der Zettel der Bundeswehr, und es gab kein Social Media, keine Informationen in der Schule, ein paar Gespräche mit den Eltern, die in die Richtung gingen: Geh hin, es dauert nicht lange, dann hast du es hinter dir … Wenig inhaltsreich, aber für mich verständlich, wenn ich den Kontext in der ganzen Familiengeschichte mit in Betracht zog. Alles in allem war mir bewusst, du musst da alleine durch. Und am Ende stand auch bei mir die Frage im Raum: was wärst du bereit zu verteidigen? Die Frage von damals mit heute zu vergleichen, ist zwar schon sportlich, denn zu meiner Zeit war Krieg abstrakt, heute ist er konkret. Damals war er kein sonderlich gesellschaftliches Thema, Landesverteidiung ja, nicht aber Krieg. Heute ist er überall und damit wohl auch in jedem Kopf eines Jugendlichen. Dennoch, an der zentralen Frage kam auch in meiner Generation niemand vorbei. Verweigern oder verteidigen? Ich entschied mich für die Verteidigung und zwar ganz egoistisch. Ich entschied mich für die Verwirklichung meines zentralen Wertes, der Freiheit. Diesen Wert zu verweigern zu verteidigen, dieser Gedanke war gruselig. Mir musste man aus vierlei Gründen nicht sagen, dass es sich lohne, für diesen Wert zu kämpfen. Kein anderer Wert war je stärker in mir handlungsleitend. Für diesen Wert habe ich Verantwortung übernommen, und ich schätze, es hat sich nicht geändert: Für den Wert, der die individuelle Gewissensfrage beantwortet und den jeder Mensch hat, kann auch nur er die Verantwortung übernehmen. Wer diesen Wert für sich noch nicht geklärt hat, sollte in sich gehen und alle Botschaften von außen dazu abschalten, selbst die Botschaften derer, die einen lieben. Hallo Jugendlicher, für mich ist es die Freiheit gewesen, und für Sie?




